LOVE LIFE: personalisierte Empfehlungen statt Kondombotschaft für alle
Am 25. April 2024 wurde nach über vier Jahren Unterbruch der Öffentlichkeit die neue LOVE LIFE-Kampagne präsentiert. Nach über 35 Jahren HIV-Prävention steht die allgemein gültige Kondom-Regel nicht mehr im Zentrum von LOVE LIFE. An die Stelle des Kondoms treten der neue Safer-Sex-Check und damit differenzierte und personalisierte Schutz- und Testempfehlungen. Damit unterstützt die Kampagne die Vision des Nationalen Programms «Stopp HIV, Hepatitis B-, Hepatitis C-Virus und sexuell übertragene Infektionen (NAPS)» und trägt zur Förderung der sexuellen Gesundheit in der Schweiz bei.
Aufgrund epidemiologischer, medizinischer und gesellschaftlicher Veränderungen hat sich seit der Lancierung der ersten «Stop-Aids»-Kampagne im Jahr 1987 auch die Bedeutung von «Safer Sex» stark gewandelt: Damals beschrieb der Begriff die HIV-Präventionsstrategie; heute umfasst er auch den Schutz vor Hepatitis B sowie anderen sexuell übertragenen Infektionen (STI) und Hepatitis C – für unterschiedlichste individuelle Situationen.
Safer-Sex-Check: niederschwelliges und umfassendes Beratungstool
Dieser Komplexität kann nicht mehr mit einer allgemeingültigen Safer-Sex-Regel begegnet werden; sie erfordert eine differenzierte Auseinandersetzung und ebensolche Empfehlungen unter Berücksichtigung aller neben dem Kondom verfügbaren Möglichkeiten, wie Impfen, medikamentöse Prävention, Testen und Behandeln. Mit dem Safer-Sex-Check ist es explizit auch für Menschen mit erhöhten Infektionsrisiken möglich, niederschwellige, adäquate und konkrete Handlungsempfehlungen zu erhalten. So ist beispielsweise die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) integriert, und auch Risiken und Empfehlungen rund um Hepatitis B und C sind Teil des Checks.

«Ready!» für eine sexuelle Begegnung – mit dem Safer-Sex-Check
Die Ende April lancierte LOVE LIFE-Kampagne richtet sich an alle in der Schweiz lebenden, sexuell aktiven oder an Sexualität interessierten Menschen. Die Aussage der Kampagne ist: Für eine sexuelle Begegnung bereit zu sein bedeutet mehr, als ein Zelt für eine romantische Nacht im Freien aufzubauen oder das Bett frisch zu beziehen. Es bedeutet, sich mittels des Safer-Sex-Checks vorgängig über adäquate Schutzempfehlungen zu informieren. Entsprechend lautet die neue Kampagnen-Hauptbotschaft: «Mach deinen Safer-Sex-Check». Erst danach ist man im Sinne von LOVE LIFE «Ready!» für den Sex.
Alle Kampagnenelemente verweisen auf den Safer-Sex-Check. Dieser ist im bekannten LOVE LIVE-Pink gestaltet, einfach und intuitiv wie ein Chat bedienbar. Verfügbar ist er in Deutsch, Französisch, Italienisch, Rätoromanisch und Englisch. Das Tool ist in die Kampagnenseite lovelife.ch eingebunden und im Vergleich zum ersten Safer-Sex-Check komplett neu: technisch, strukturell, inhaltlich und grafisch.
Fachlich breit abgestützter Safer-Sex-Check
Fachliche Grundlage für den aktuellen Safer-Sex-Check ist der Safer-Sex-Leitfaden der Aids-Hilfe Schweiz (AHS), der im Juni 2023 von der Eidgenössischen Kommission für Fragen zu sexuell übertragenen Infektionen (EKSI) validiert wurde. Die Inhalte des Tools «Safer-Sex-Check» wurden darauf basierend vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeinsam mit der AHS und Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGCH) und unter Einbezug medizinischer und sexualpädagogischer Fachpersonen entwickelt. Entsprechend wird das neue Konzept von «Safer Sex» vom BAG gemeinsam mit der AHS, SGCH und der EKSI verantwortet.
Epidemiologische Situation
Die Zahl der HIV-Neuinfektionen konnte seit dem Höhepunkt in den 1980-er Jahren – mit jährlichen Schwankungen – stetig gesenkt werden. Auch bei den viralen Hepatitiden zeigt der Trend in dieselbe Richtung: Die Diagnosemeldungen von Hepatitis C sind seit gut zwanzig Jahren rückläufig. Die Hepatitis-B-Fälle sind relativ stabil geblieben, aber die akuten Infektionen sind über die letzten 20 Jahre langsam gesunken.
Die Diagnosen von Gonorrhoe und Chlamydien nahmen im selben Zeitraum zu. Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist die Zunahme der Tests. Syphilisdiagnosen scheinen sich auf hohem Niveau zu stabilisieren, obwohl mehr getestet wird.
Die Übertragungen von STI konzentrieren sich auf besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen wie schwule, bisexuelle, queere und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sowie Sexarbeitende und deren Kunden (1).
Schlüsselgruppen ab 2025 im Fokus
Ab 2025 sollen Schlüsselgruppen noch gezielter adressiert werden. Für Männer, die Sex mit Männern haben, setzt die AHS seit vielen Jahren fokussierte, bewährte Massnahmen um. Dieser Ansatz soll in naher Zukunft verstärkt für weitere Schlüsselgruppen Anwendung finden und ist besonders wichtig im Hinblick auf die Vision, die der Bundesrat im am 29. November 2023 verabschiedeten Nationalen Programm «Stopp HIV, Hepatitis B-, Hepatitis C-Virus und sexuell übertragene Infektionen (NAPS)» zeichnet: Bis 2030 gibt es in der Schweiz keine Übertragungen von HIV, Hepatitis B und C mehr, und die Inzidenzen sexuell übertragener Infektionen sinken. Das trägt zur Verbesserung der sexuellen Gesundheit der in der Schweiz lebenden Menschen bei.
lovelife.ch – umfassende Informationsplattform
Unter lovelife.ch sind nebst dem Check viele Informationen zu Schutz, Risiken, Symptomen, Tests und sexuell übertragenen Infektionen (STI) wie auch Links zu Adressen von Beratungsstellen zu finden. Die Seite wird auch nach der Lancierung weiter ausgebaut.
Quellen
(1) Bundesamt für Gesundheit (2023b): Sexuell übertragene Infektionen und Hepatitis B/C in der Schweiz im Jahr 2022: eine epidemiologische Beurteilung. In: BAG Bulletin 2023 (48), S. 12–62.